Gefährliche Stimmungslage am Aktienmarkt
09.02.22 09:35
Stephan Heibel
Den Daten meiner animusX-Umfrage entnehme ich, dass viele Anleger
schon zu Kursen deutlich unter 16.000 wieder verkaufen würden. Die
Positionen, die viele Anleger derzeit eingegangen sind, sollen
offensichtlich nur spekulativ für kurze Zeit gehalten werden. Auf
der anderen Seite soll zu Kursen knapp unter 15.000 ordentlich
nachgekauft werden, einen tieferen Fall erwarten nur sehr wenige
Anleger.
Sollten die Kurse nach unten durchrutschen, also unter 14.800
Punkte sacken, müssen wir mit weiteren Panikverkäufen rechnen.
Eine Erholungsbewegung hingegen dürfte schnell wieder durch
Gewinnmitnahmen gebremst werden, genau wie wir es in der
vergangenen Woche gesehen haben.
Selbst wenn durch eine positive Meldung beispielsweise die Kurse
über 16.000 Punkte getrieben würden, dürfte dort oben nicht mehr
viel Nachfrage zur Stützung der Kurse vorhanden sein, weil zu
viele Anleger bereits in hohem Maße investiert sind.
So ist die Marktverfassung derzeit gefährlich: Wir müssen darauf
hoffen, dass die Kurse noch eine Weile seitwärts pendeln, da eine
Rallye zu neuen Allzeithochs derzeit unwahrscheinlich ist, ein
Absacken jedoch zu noch größerer Panik führen könnte.
Mut macht der 5-Wochendurchschnitt des Sentiments. Dieser
Indikator zeigt zuverlässig Korrekturtiefs an und notiert derzeit
auf einem extrem niedrigen Niveau, das wir zuletzt Mitte 2019
sahen, als die geopolitischen Spannungen zwischen China und den
USA hoch kochten. Damals folgte eine ordentliche
Aktienmarktrallye. Wenngleich dieses Mal andere
Sentimentindikatoren zur Vorsicht mahnen, so scheint doch auf
Basis dieser bereits sehr negativen Sentimentlage ein
Durchrutschen unter 14.800 ohne ein entsprechend negatives
Ereignis eher unwahrscheinlich.
Der Bund-Future ist unter die wichtige charttechnische
Unterstützung von 167 gerutscht. Die Umlaufrendite ist am
vergangenen Freitag erstmals seit drei Jahren wieder über Null
gestiegen. Damit ist die historische Zinswende nach 40 Jahren
fallenden Zinsen nun auch charttechnisch bestätigt.
Die Stimmungsdaten sind so, wie wir es erwarten würden: Die
Stimmung bezüglich dem Bund-Future (läuft invers zur
Zinsentwicklung) ist am Boden. Auch die Erwartung ist extrem
negativ. Nachdem nun die Zinswende bestätigt wurde, rechnen die
meisten Anleger mit weiter steigenden Zinsen, also mit einem
weiter fallenden Kurs des Bund-Futures.
Da sich diese Entwicklung seit Wochen abzeichnet, der
Inflationsdruck kommt ja nun wirklich nicht überraschend, ist die
Investitionsquote in Bund-Future sehr niedrig und die
Selbstzufriedenheit der Anleger sehr groß. Aktuell hat auch
niemand mehr die Absicht, den Bund-Future zu kaufen.
Damit dürfte kurzfristig erst einmal die Luft raus sein aus dieser
Bewegung.
Eine interessante Sentimentverfassung gibt es auf dem Ölmarkt. Am
Freitag wurden die 93 USD/Fass WTI Öl erreicht, der höchste Kurs
seit acht Jahren. Entsprechend freudig sind die Ölanleger, sie
feiern ihren Erfolg. Die Partylaune ist auf einem Extrempunkt,
gleichzeitig ist jedoch der Zukunftsoptimismus vollständig
eingebrochen. Es droht schon sehr bald eine ordentliche Korrektur
im Ölmarkt.
Nachtrag von heute, Mittwoch 9. Februar: wie erwartet, hat der Kurs von Öl etwas nachgegeben.
Weiter unten finden Sie die Details zur Sentiment Analyse. In der aktuellen Heibel-Ticker Ausgabe finden Sie den Wochenrückblick und Ausblick zur Börse.
Letzte Woche war turbulent: Zinssorgen schossen in die Höhe, Quartalszahlen sorgen für zweistellige Kurssprünge und häufig genug war es schwer, eine Kursbewegung einem bestimmten Ereignis zuzuordnen. In Kapitel 02 gebe ich einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und über deren Bedeutung.
Der aktuelle Ausblick in Kapitel 04 beschäftigt sich ein bisschen eingehender mit dem Thema Inflation und Leitzins. Ich bleibe bei meinem Fahrplan für die kommenden acht Wochen, den ich Ihnen zum Jahreswechsel vorgestellt habe. Doch einzelne Unternehmen sind ausgeschert.
Weiter zur aktuellen Heibel-Ticker Ausgabe 22/5: https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1949#ch01
Sentiment Analyse Details
Die Daten sind vom Freitag 4. Februar. Sie bekommen die aktuellen Ergebnisse und Interpretation im Gratis-Newsletter bereits Freitag abends in Ihr Mailfach.
Die Stimmung wird bei einem Wert von -4,5 aktuell wieder von
Angst und Panik dominiert. Kein Wunder, neue Korrekturtiefs sind
in Sicht, während gleichzeitig die Investitionsquote der Anleger
extrem hoch ist. So herrscht eine große Verunsicherung (-4,6)
unter den Anlegern darüber, ob denn diese hohe Investitionsquote
richtig ist.
Die Zukunftserwartung ist inzwischen ebenfalls angekratzt. Nach
einem Wert von 1,9 vor zwei Wochen und 1,7 vor einer Woche ist
dieser Wert inzwischen auf nur noch 1,2 zurückgegangen. Optimismus
dominiert zwar noch die Erwartungshaltung, doch der Optimismus
erhält zunehmend Kratzer.
Daher möchte denn auch kaum noch jemand neue Investitionen
eingehen, die Investitionsbereitschaft ist auf nur noch 0,4
gefallen (Vorwoche 1,4).
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger zeigt mit einem Wert von 5
ebenfalls eine recht hohe Risikobereitschaft an: Viele
Privatanleger sind bereits Long-Spekulationen eingegangen.
Put-Absicherungen gibt es kaum.
Die Profis, die sich über die Eurex absichern, haben ein
Put/Call-Verhältnis von 1,3. Das würde ich als überwiegend neutral
mit einem leichten Übergewicht für Call-Spekulationen auf
steigende Kurse bezeichnen.
In den USA zeigt das Put/Call-Verhältnis ein gänzlich anderes
Bild: Nach anderthalb Jahren exzessiver Long-Spekulationen schießt
das Put/Call-Verhältnis nun nach oben und zeigt einen starken
Anstieg der Put-Absicherungen.
Dazu passt die weiterhin niedrige Investitionsquote der
US-Fondsmanager (63%) sowie auch der Bärenüberhang unter den
Privatanlegern mit einer Bulle/Bär-Quote von -17%. 44% der
Privatanleger sind pessimistisch gestimmt, nur 26% sind
optimistisch.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 zeigt mit
einem Wert von 33% eine leichte Angst an.
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