Erster Jahresausblick auf 2022
15.12.21 10:59
Stephan Heibel
Welche Themen sind 2022 für die Börse relevant?
Ich habe mir eine erste Meinung gebildet und würde gerne wissen, welche Themen Ihr besonders relevant seht. Schreibt eure Meinung in die Kommentare.
Meinen kleinen Ausblick auf das Jahr 2022 gebe ich jetzt schon: Die vier dominierenden Themen werden uns auch im kommenden Jahr noch beschäftigen ... Doch zwei davon sind Kaufgelegenheiten, während die beiden anderen eher als schwarzer Schwan zu betrachten sind. Ich erläutere, wie ich unser Portfolio auf diese Entwicklungen vorbereiten werde.
Seit April pendelt der DAX zwischen 14.800 und 16.000 Punkten. Da
ist es doch leicht, das Portfolio aufzustocken, wenn wir uns der
unteren Unterstützung nähern und auszulichten, wenn es Richtung
16.000 geht, oder? Leider nein: Ich habe mich genau andersherum
verhalten, und ich erkläre Ihnen warum:
Solange wir innerhalb der Bandbreite sind, lässt sich für uns
langfristig orientierte Anleger nur wenig Geld verdienen. Im April
stand unser Portfolio bereits bei +10%, heute sind es +12%. Hätten
wir oben verkauft und unten gekauft, dann wäre unsere
Jahresperformance deutlich besser. Doch wir wären damit zwei
Risiken eingegangen, die ich nicht eingehen möchte:
Zum einen waren die vielen Rallyes in Richtung 16.000 durchaus von
fundamentalen Gründen getragen: Die Konjunktur erholt sich, es
gibt Nachholeffekte und kein Mensch weiß, wie weit uns diese
Rallye noch tragen wird. Insbesondere die großen Konzerne sind
günstig bewertet und könnten noch deutlich höher fliegen, das
möchte ich nicht verpassen. Außerdem gibt es einige Unternehmen,
die säkulare Wachstumstrends nutzen, für die also Corona oder auch
eine Inflation nur Stolpersteine auf dem Weg zu höheren Kursen
sind.
Wenn wir also bei 16.000 Punkten im DAX zu wenige Aktien im Depot
haben, laufen wir anschließend der Rallye hinterher.
Auf der anderen Seite gab es immer wieder Rückschläge: Spannungen
zwischen China und den USA um Taiwan, Spannungen zwischen Russland
und ... eigentlich Europa, aber de facto den USA um die Ukraine,
Lieferkettenprobleme, in die Höhe schießende Rohstoffpreise und
natürlich die Delta-Mutation, die uns zeigte, dass die Pandemie in
diesem Sommer eben doch noch nicht besiegt wurde. Immer wieder
sackte der DAX daher unter 15.000 Punkte und es drohte ein Crash.
Damit wir von einem Crash nicht auf dem falschen Fuß erwischt
würden, habe ich unser Portfolio unten häufig ein wenig
ausgelichtet. Erst im Herbst, als ich mir irgendwie sicher war,
dass ein Crash nicht folgen wird, habe ich unser Portfolio ganz
unten voll gemacht. Eigentlich, so dachte ich, müsste ein Lauf bis
16.500, und danach im kommenden Jahr noch weiter folgen.
Nun, Omikron hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und
einmal mehr schweben mehrere Damoklesschwerter über den
Aktienmärkten. Wir müssten je nach Nachrichtenlage unser Portfolio
fast täglich anpassen, um die jeweiligen Meldungen in unserer
Portfoliostruktur zu berücksichtigen.
Doch ich möchte nicht mit hektischen Aktionen in der besinnlichen
Vorweihnachtszeit übertriebenen Aktionismus verbreiten.
Grundsätzlich gehe ich weiterhin davon aus, dass wir mindestens
bis ins kommende Frühjahr weiterhin steigende Kurse haben werden.
Für diesen Fall sind wir bestens positioniert, unsere Cashquote
steht bei gerade einmal 6%.
Sollte eines der vier Damoklesschwerter niederrauschen, müssen wir
eine wichtige Unterscheidung vornehmen: Korrektur oder
Trendwechsel.
Eine Korrektur ist normal im Rahmen einer Rallye, findet immer
wieder statt und konsolidiert die zuvor erzielten Kursgewinne.
Korrekturen können unterschiedlich stark ausfallen, dauern jedoch
meistens nur wenige Tage.
Ich denke, wenn die Kurse aufgrund der Corona-Pandemie oder auch
aufgrund negativer Inflationsdaten in den Keller rauschen, dann
haben wir eine Korrektur, die wir für Käufe nutzen können. Weder
die Corona-Pandemie, noch die Inflationsangst ist neu oder
überraschend. Daher haben diese beiden Damoklesschwerter nicht das
Zeug, einen heftigeren Crash oder gar Trendwechsel, also das Ende
der Rallye, einzuläuten. Dafür würde etwas Überraschendes, ein
schwarzer Schwan, benötigt.
Sollte der Konflikt um die Ukraine jedoch eskalieren, ist Europa
nicht handlungsfähig, die USA konzentrieren sich auf China und
vertreten in der Ukraine US-Interessen, nicht europäische
Interessen. Das wäre für uns hier in Europa eine Situation, auf
die wir nicht vorbereitet sind.
Ebenso wenig wäre eine Eskalation im Konflikt um Taiwan etwas, auf
das sich die USA ausreichend vorbereitet haben. Eine militärische
Auseinandersetzung (=Krieg) kann niemand wollen, doch die
diplomatischen Bemühungen laufen derzeit ins Nichts. Und dann
stellen Sie sich vor, Russland und China sprechen sich ab, sie
haben ja gemeinsam den gleichen Feind (USA), und schüren
zeitgleich die beiden Konfliktherde.
Da haben Sie schon meinen Jahresausblick: Diese vier Themen werden
uns auch im kommenden Jahr begleiten. Solange es ruhig bleibt in
der Ukraine und in Taiwan werden die Aktienmärkte nach oben
klettern. Ich gehe davon aus, dass sich nach den Rohstoffpreisen
auch die Lieferketten wieder normalisieren. Der Nachholeffekt beim
Konsumenten wurde durch knappe Güter ins Jahr 2022 verlängert und
dürfte meiner Einschätzung nach insbesondere im Einzelhandel für
volle Kassen sorgen.
Während Corona hoffentlich an Bedeutung verlieren wird, dürfte die
Inflation an Bedeutung gewinnen: der Beweis steht noch aus, dass
der Inflationsdruck nur vorübergehend war. Es dürfte spannend
werden, denn je länger Corona wütet, desto länger dürften die
Lieferkettenprobleme für knappe Güter und dadurch hohe Preise
(=hohe Inflation) sorgen. Irgendwann werden diese hohen
Inflationsraten dann zu Begehrlichkeiten bei den Lohnverhandlungen
sorgen.
Wenn dann die Inflation auf das Lohnniveau überspringen sollte,
dann setzen wir den Anfang einer gefährlichen Aufwärtsspirale. Für
die Notenbank ist es also nicht nur wichtig, die Inflation als
vorübergehend auszuweisen, sondern das muss möglichst zeitnah
geschehen, damit die Lohn-Preis-Spirale nicht in Gang gesetzt
wird.
Es dürfte noch ein paar Monate dauern, bis wir das absehen können.
Bis dahin bleibe ich dabei, dass erschreckende Inflationszahlen
als Auslöser eines Ausverkaufs an den Aktienmärkten von uns
genutzt werden sollten, zuzukaufen.
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