Anlegerstimmung: Erste Ermüdungserscheinungen bei Partygängern zu beobachten
16.11.21 09:48
Stephan Heibel
Die vielen neuen Allzeihochs im DAX haben letzte Woche nicht ausgereicht, die Partylaune der Anleger weiter anzuheizen. Ermüdungserscheinungen sind zu erkennen. Die Details zur Sentimentanalyse finden Sie weiter unten.
Wer kann für den nächsten Kurssprung sorgen, lautet die Frage,
die sich viele Anleger stellen. Wenn doch schon alle investiert
sind und die Party bereits in die Morgenstunden reicht, wo sollen
da noch neue Investoren her kommen, die mit ihren Käufen die
Indizes höher treiben?
Wir beobachten bei dieser Rallye immer wieder Rotationen: Einige
Tage sind die Nach-Corona-Aktien gesucht, weil ein neues
Medikament gefunden wurde. Danach sind zyklische Aktien gefragt,
weil die Quartalszahlen durch die Bank besser ausfallen als
erwartet. Dann wiederum steigen die Coronazahlen und
Versorgeraktien springen an, Anleger suchen Sicherheit. Und eins
ums andere erreicht der DAX neue Hochs.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die aufgezählten "Gründe"
für die jeweilige Rotation zu bestimmten Aktien gar nicht so
bedeutend sind. Vielmehr verlassen sich Anleger hierzulande auf
die Aussage der EZB, dass die niedrigen Zinsen noch lange anhalten
werden. Vor diesem Hintergrund sind Aktien einfach alternativlos.
Und welche Aktien gerade gekauft werden, hängt von den
Tagesmeldungen ab.
In den USA gab es schon eine kleine Korrektur letzte Woche. Die
hohe Inflation sorgt für Druck auf die Aktienmärkte. Doch auch in
den USA sind die Graupen von gestern die Highflyer von heute. Auch
dort rotieren Anleger von einem Bereich in den anderen.
Dieses Spielchen kann noch eine Weile weitergehen.
Zwischenzeitlich kann es jederzeit kurze Abkühlungsphasen geben,
doch daran, dass der Aktienmarkt für viele Anleger alternativlos
ist, ändert sich erst einmal nichts.
Partylaune kann länger anhalten, als Panik. So betrachtet kann
diese Rotationsbewegung, die den DAX sukzessive immer ein wenig
höher trägt, noch eine Weile weitergehen. Schießstände im
Sentiment, die wir als Warnsignal deuten müssten, gibt es derzeit
nicht. Rückschläge sind in diesem Umfeld lediglich
Verschnaufpausen, oder sogar Kaufgelegenheiten.
Börsen Ausblick: Rotationsbewegung aussitzen
Ich halte die Rotationsbewegungen für unvorhersehbar. Wenn ich
mir die Wochenentwicklung unseres Portfolios anschaue, dann gibt
es 7 Positionen mit +5% oder mehr. Gleichzeitig gibt es 4
Positionen mit -5% oder mehr. Das sind in meinen Augen keine
nachhaltigen Entwicklungen, sondern kurzzeitige Panik-Attacken
oder Euphorie-Schübe, die sich in den kommenden Wochen wieder
angleichen werden.
Daher halte ich mich mit überhasteten Entscheidungen zurück: Die
aktuellen Schwankungen würde ich am liebsten aussitzen. Natürlich
warte ich darauf, ein paar unserer Positionen zu verkleinern, wenn
die Aktien ordentlich angesprungen ist. Doch bislang sehe ich noch
keinen Titel, der "zu teuer" ist. Vielleicht gibt es bald schon
Titel, die einfach nur zu schnell gestiegen sind und daher
ausgedünnt werden könnten. Doch bislang möchte ich die Positionen
erst einmal laufen lassen.
Institutionelle Anleger positionieren sich in diesen Wochen für
das Jahr 2022. Die Aktienmarktrallye dürfte noch einige Monate
weitergehen, wenngleich im Rahmen einer Rallye immer wieder
zwischenzeitliche Rückschläge erfolgen. Meinen Fahrplan, der
bislang nur bis Ende des Jahres ging, habe ich diese Woche
erweitert: Die Rallye könnte dem saisonalen Muster folgen und bis
ins Frühjahr hinein reichen.
Somit lehne ich mich ein wenig zurück und warte ab, bis sich klare
Unter- und Überbewertungen abzeichnen. Ein paar Unterbewertungen
haben wir bereits genutzt. Überbewertungen kann ich in unseren
Titeln bislang noch nicht feststellen. Unser aktuelles Portfolio
und unsere letzten Transaktionen können Sie im Heibel-Ticker PLUS
Bereich sehen.
Details zur Sentimentanalyse
- Das Anlegersentiment ist von 6,0 in der Vorwoche auf nunmehr 4,5 gefallen. Bei Werten über 4,0 sprechen wir von Euphorie, die ist also noch immer vorhanden. Doch man ist nicht mehr ganz so ausgelassen wie zuvor.
- Auch die Selbstzufriedenheit ist von 4,0 auf 3,5 leicht zurückgegangen. Auch hier zeigt sich, dass Anleger gerne noch bei weiter kräftig steigenden Kursen dabei geblieben wären. Doch die nachlassende Dynamik der Rallye macht den Anlegern hier einen Strich durch die Rechnung.
- Es könnte an der Zukunftserwartung liegen: Die ist nämlich weiterhin neutral bei einem Wert von 0,5 und zeigt, dass Anleger nicht wirklich mit weiter steigenden Kursen rechnen.
- Mit einem Wert von 1,6 ist auch die Investitionsbereitschaft eher mau. Obwohl die saisonal starke Börsenphase gerade erst begonnen hat, gibt es nur wenig Kauflust unter den Anlegern. Vielleicht, weil sie bereits einen Großteil Ihres Geldes investiert haben.
- Das Euwax-Sentiment der Privatanleger notiert bei 7 und zeigt eine ordentliche Absicherungstätigkeit. Die Buchgewinne werden abgesichert.
- Das Put/Call-Verhältnis an der CBOE ist weiterhin auf einem extrem niedrigen Stand und zeigt, anders als das Euwax-Sentiment, eine hohe Risikobereitschaft unter den US-Anlegern. Mit Call-Optionen spekulieren diese auf eine Fortsetzung der Jahresendrallye.
- Und so verharrt auch die Investitionsquote der US-Fondsanleger mit einem Wert von 104% auf sehr hohem Niveau.
- In den USA dominieren ebenfalls die Bullen, das Bulle/Bär-Verhältnis steht bei 24%. 48% der Anleger sind bullisch gestimmt.
- Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500
notiert bei 81% und weist zunehmende Gier unter den Anlegern
aus.
Diese und weitere Faktoren analysiere ich jede Woche in meiner Heibel-Ticker Sentimentauswertung und veröffentliche die Ergebnisse inklusive meiner Interpretation im Heibel-Ticker. Bei Interesse können Sie sich kostenlos anmelden: heibel-ticker.de
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