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Fr, 31. März 2023, 2:22 Uhr

Wirtschaft: Für Deutschland und die Eurozone steht die Rezession für das Winterhalbjahr bereits fest


07.10.22 12:24
DONNER & REUSCHEL AG

Hamburg (www.aktiencheck.de) - Die globale Wachstumsdynamik nimmt weiter ab, so Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL AG.

So werde auch kommende Woche der Internationale Währungsfonds (IWF) - im Rahmen des "World Economic Outlook" - die Wachstumsprognosen für 2023 erneut nach unten korrigieren. Kritalina Georgieva, Managing Director des IWF, habe erst kürzlich betont, dass Staaten, die insgesamt für rund ein Drittel der weltweiten Wertschöpfung stünden, in den kommenden Monaten mindestens zwei Quartale negativen Wachstums aufzeigen würden. Zudem habe sie betont, dass Menschen selbst bei positivem Wachstum das Gefühl einer Rezession haben würden, weil angesichts der global erhöhten Inflationsraten die Realeinkommen sinken würden.

Für Deutschland und die Eurozone stehe die Rezession für das Winterhalbjahr bereits fest. Die Frage sei lediglich, wie hoch diese ausfallen werde. Dafür maßgeblich sei, ob es zu Rationierungen von Gas kommen werde, was wiederum entscheidend davon abhänge, wie sich die Nachfrage entwickeln werde. Wie im Winter üblich, werde der Gasverbrauch privater Konsumenten in den kommenden Monaten steigen und in etwa genauso stark ausfallen wie der Verbrauch der Industrie. Daher sei besonders relevant, ob es gelinge, den privaten Verbrauch im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zu drosseln. In diesem Zuge werde entscheidend sein, ob der Winter eher hart oder mild ausfalle.

Ein anhaltendes Stagflationsszenario wie in den 70er Jahren sei trotzdem unwahrscheinlich. Dafür seien die Notenbanken heute viel besser in der Lage Inflationserwartungen abzuschätzen. Zudem hätten sie mittlerweile weltweit den Kampf gegen die Inflation ganz oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt und würden entsprechend agieren und Löhne würden nicht automatisch im Zuge erhöhter Inflationsraten durch eine in den 70ern übliche Indexierung steigen. Zuletzt drohe derzeit keine Massenarbeitslosigkeit mit der Folge einer anhaltenden Konsumschwäche, da demografische Entwicklungen für einen anhaltenden Arbeitskräftemangel sorgen würden.

Auch an den internationalen Devisenmärkten würden sich inzwischen die Auswirkungen der verschiedenen Krisen- und Belastungsfaktoren zeigen. So sei der US-Dollar gegenüber nahezu allen anderen Währungen deutlich im Aufwind und habe mittlerweile Niveaus erreicht, die teilweise seit Jahrzehnten nicht gegeben gewesen seien. Im Vergleich zur chinesischen Währung Yuan beispielsweise notiere der Dollar auf einem 15-Jahreshoch, gegenüber dem Britischen Pfund und dem Japanischen Yen sei sogar ein 25- bzw. 40-Jahreshöchststand erreicht worden. Die Gründe für diese Entwicklung seien vor allem die Flucht vieler Anleger in den sicheren Hafen US-Dollar, die stark steigende US-Zinsen und die vergleichsweise robuste konjunkturelle Situation in den USA.

Allerdings würden auch regionale Probleme einzelner Volkswirtschaften eine Rolle spielen, wie beispielsweise die unsichere konjunkturelle Perspektive Chinas vor dem Hintergrund der anhaltenden Null-COVID-Strategie und des angeschlagenen Immobilienmarktes, die geplante deutliche Neuverschuldung der britischen Regierung oder die Bedrohung Europas durch eine mögliche weitere Eskalation des Ukrainekonfliktes.

Für die weitere Perspektive sei damit entscheidend, wie die US-Notenbank FED ihren geldpolitischen künftig ausrichten werde. Trotz zuletzt überschrittener Nominalinflationsspitze dürfte man in den USA aber zumindest im laufenden Jahr an dem sehr restriktiven Kurs festhalten und es bleibe die Erwartung von zwei weitere Leitzinsanhebungen bis zum Jahresende. Die weitere Vorgehensweise im kommenden Jahr werde dann von den wirtschaftlichen und Inflationsaussichten am Jahresanfang abhängen.

Auch die USA könnten an einer weiteren deutlichen Aufwertung des Dollar kein Interesse haben, denn sie erhöhe die Gefahr zusätzlicher Turbulenzen in der Realwirtschaft und an den Kapitalmärkten, beispielsweise durch importierte Inflation in Europa oder durch mögliche Refinanzierungsprobleme von Schwellenländern. Es sei daher davon auszugehen, dass Politik und Notenbanken in den kommenden Monaten versuchen würden, eine weitere Aufwertung der US-Währung einzugrenzen. (07.10.2022/ac/a/m)





 
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