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Mi, 29. März 2023, 17:24 Uhr

Preiskorrektur im Immobiliensektor als letzter Schritt der Anpassung der Kapitalmärkte an positives Zinsniveau


25.11.22 16:23
DONNER & REUSCHEL AG

Hamburg (www.aktiencheck.de) - Der ifo-Geschäftsklimaindex wurde zuletzt weiterhin sehr schwach, aber leicht verbessert veröffentlicht, so Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL AG.

Die befragten Unternehmen würden ihre aktuelle Lage derzeit als sehr schwierig beschreiben, aber weniger pessimistisch auf die künftigen Geschäftserwartungen schauen. Hintergrund dürfte die steigende Wahrscheinlichkeit einer milden Rezession in Deutschland - da die Gefahr einer Gasmangellage gesunken sei. Gründe hierfür seien gut gefüllte Lager, ein bisher mildes Winterklima und ein bisher unterdurchschnittlicher Gasverbrauch. Vor allem der Handel sei allerdings noch skeptisch und rechne mit einem verhaltenen Weihnachtsgeschäft aufgrund inflationsbedingt gesunkener Kaufkraft privater Verbraucher.

Zudem würden die im Oktober gesunkenen Erzeugerpreise für Deutschland eine bisher noch nicht erwartete stärkere Entlastung der Kostenseite von Unternehmen andeuten. Wesentlicher preissenkender Faktor seien die mittlerweile deutlich nachgebenden globalen Rohstoffpreise gewesen. Die seit rund zwei Jahren bestehenden Lieferkettenprobleme würden im Zuge der globalen wirtschaftlichen Abkühlung deutlich abnehmen. Die ab Frühjahr zu erwartende wirtschaftliche Stabilisierung und der folgende Aufschwung dürften dann ohne vergleichbare Verzerrungen der globalen Lieferketten erfolgen.

Die seit dem Jahresanfang zu beobachtende Preiskorrektur in allen liquiden Anlageklassen im Zuge deutlich gestiegener Zinsen und schwächerer Wachstumsperspektiven habe auch im Segment der Immobilien mittlerweile für Bremsspuren gesorgt. Dabei seien die Hypothekenzinsen noch viel stärker angestiegen als die Leitzinsen und Renditen von Bundesanleihen, dann Banken müssten nach Vorgabe der Regulierung Hypothekenkredite mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen und ihre Kreditvergabestandards aufgrund steigender ökonomischer Unsicherheiten anziehen. Viele Bauvorhaben seien daher zuletzt storniert worden, weil angesichts erhöhter Finanzierungsbedingungen, die ohnehin auch aufgrund von Materialengpässen massiv gestiegenen Baukosten nicht mehr getragen werden könnten. Der breit gefasste vdp-Residential Real Estate Index habe daher im letzten Quartal erstmals seit Jahren leicht nachgegeben. In einzelnen Regionen und bei einzelnen Objekten werde jedoch bereits von stärkeren Preiskorrekturen im zweistelligen Bereich berichtet. Einer Studie des DIW Berlin zufolge seien im Bereich Wohnen Preiskorrekturen von etwa zehn Prozent zu erwarten.

Für die Baubranche bedeute der Nachfrageausfall deutlich gesunkene Geschäftserwartungen in den kommenden Monaten, die wie in der Gesamtwirtschaft auch für steigende Insolvenzzahlen sorgen dürfte. Allerdings habe die Branche eine jahrelang sehr gute Baukonjunktur hinter sich, so dass viele Unternehmen gut kapitalisiert seien und die Schwächephase voraussichtlich gut überstehen würden. Denn es sei im Segment Wohnen nicht mit einer langanhaltenden Phase nachgebender Preise zu rechnen. Einerseits steige derzeit das angesichts eines verbreiteten Wohnraummangels ohnehin sehr knappe Angebot in Deutschland nicht weiter. Zudem dürfte gerade in Ballungszentren die Nachfrage aufgrund eines anhaltenden Zuzugs weiterhin hoch bleiben. Auch demografische Effekte und die Folgen der Coronakrise, bspw. die erhöhte Tätigkeit im Homeoffice, würden für einen weiter steigenden Bedarf nach Wohnraum sprechen. Der jüngsten Gemeinschaftsdiagnose der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zufolge dürften sich die derzeit sinkenden Bauinvestitionen im Laufe des Jahres 2023 stabilisieren und im Gesamtjahr 2024 wieder positiv ausfallen.

Aus Anlegersicht sei die Preiskorrektur im Immobiliensektor der letzte Schritt im Zuge der Anpassung der Kapitalmärkte an ein wieder positives Zinsniveau. Weiter fallende Kurse und Preise seien in den kommenden Monaten nicht auszuschließen, dafür bestünden nach wie vor sehr viele Unsicherheitsfaktoren, in Europa vor allem der Ukrainekonflikt. Allerdings bestehe die Aussicht auf weitere Besserung der Lage mit Blick auf das anstehende Frühjahr, ab dem auch globalwirtschaftlich wieder eine stärkere Wachstumsdynamik zu erwarten sei. (25.11.2022/ac/a/m)





 
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