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So, 28. Mai 2023, 15:15 Uhr

Aktienmärkte: Anhaltende Herausforderungen und spürbare Rezessionsängste


15.07.22 09:02
Raiffeisen Centrobank

Wien (www.aktiencheck.de) - Zuletzt ging es an den globalen Aktienmärkten turbulenter zu, so die Analysten der Raiffeisen Centrobank.

In Europa und den USA habe sich zwischendurch zwar eine Erholungsbewegung abgezeichnet, ob diese allerdings von Dauer sei oder ob es sich lediglich um eine technische Gegenbewegung handle, bleibe abzuwarten. Die Belastung aus dem Mix der altbekannten Faktoren - Inflation, Ukraine-Krieg, Geldpolitik - ebbe nicht ab. Hinzu kämen verminderte Gaslieferungen (bzw. das gänzliche Aussetzen) aus Russland, was nicht nur die jeweiligen Preise, sondern auch Rezessionsängste in der Eurozone befeuere.

Vergangene Woche habe einmal mehr der Ukraine-Krieg, genauer gesagt die wirtschaftlichen Folgen dessen, im Fokus gestanden. Russland habe bereits Mitte Juni die Gaslieferungen nach Deutschland und Österreich um 40% bzw. 50% verringert, mit Verweis auf erforderliche kanadische Wartungsarbeiten einer Turbine der Nordstream 1 Pipeline, welche laut Kreml sanktionsbedingt nicht möglich seien. Laut neuesten Meldungen scheine Kanada in Absprache mit Deutschland nun gewillt zu sein, trotz Sanktionen die gewartete Turbine an Russland auszuliefern. Die weiteren Entwicklungen in dieser Causa würden abzuwarten bleiben.

Indes zeige sich der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck besorgt, dass die Gaslieferungen der Nordstream 1 Pipeline nach der turnusmäßigen Gesamtwartung dieser vom 11. bis 21. Juli ganz ausbleiben könnten. Gepaart mit den Befürchtungen bezüglich des Streiks norwegischer Öl- und Gasfeldarbeiter - welche mittlerweile durch die dortige Regierung beendet worden seien - habe dies zur Folge gehabt, dass die bereits enorm angestiegenen Gaspreise abermals lichte Höhen erklommen hätten. Die Benchmark-Futures, welche sich in diesem Jahr bereits mehr als verdoppelt hätten, seien allein um weitere 10% angestiegen. Auf Wochenbasis (30. Juni bis 7. Juli) sei das Plus mit satten 27% beziffert gewesen.

Die stark anziehenden Gaspreise würden spürbar auf das Gemüt der Investoren drücken und  Rezessionsängste in Europa befeuern, allen voran in Deutschland, wo die Industrie stark von russischem Gas abhänge. Diese Ängste würden sich unter anderem aus den zu Wochenbeginn publizierten Sentix Umfragedaten ablesen lassen. Unter vielen negativen Überraschungen hätten vor allem die konjunkturellen Erwartungen für Deutschland deutlich hervorgestochen: Diese seien nämlich auf -34,8 Zähler eingebrochen - ein Allzeit-Tief!  Dies diene nach Ansicht der Analysten der Raiffeisen Centrobank als durchaus guter "Kontra"-Indikator für die Entwicklung europäischer Aktienmärkte in den kommenden Monaten. Denn historisch gesehen würden auf Zeiten größerer Unsicherheit und angeschlagener Stimmung oftmals Erholungsbewegungen folgen. Auch die von den Analysten der Raiffeisen Centrobank an multiplen Sentiment-Indikatoren gemessene generelle Marktstimmung befinde sich auf einem äußerst niedrigen Niveau, welches in den vergangenen 15 Jahren nur von der Finanzmarktkrise 2008/09 unterboten worden sei.

Naturgemäß hätten die befeuerten Rezessionsängste in den vergangenen Tagen einen klaren Ölpreisrückgang zur Folge gehabt, da in einer Rezession aufgrund geringerer Nachfrage weniger Energie für die Produktion jeglicher Produkte benötigt werden würde. Durch sinkende Ölpreise könnte auch die globale Inflationsdynamik gedämpft werden, was wiederum den Notenbanken etwas Druck nehmen würde, größere Zinsanhebungsschritte zu setzen. Aufgrund des veränderten Abzinsungsfaktors verschiedener Bewertungsmodelle würde sich diese wiederum positiv auf Unternehmensbewertungen auswirken. Es sei und bleib ein komplexes Umfeld.

Etwas mehr Klarheit sollte die anstehende Berichtssaison verschaffen, für welche traditionsgemäß die US-Banken den Startschuss geben würden. Bereits in dieser Woche würden unter anderem Größen wie J.P. Morgan (ISIN US46625H1005/ WKN 850628), Morgan Stanley (ISIN US6174464486/ WKN 885836) und Wells Fargo (ISIN US9497461015/ WKN 857949) ihre Zahlenwerke präsentieren. Die Analysten der Raiffeisen Centrobank würden erwarten, dass die Unternehmen sowohl dies- als auch jenseits des Atlantiks in der bevorstehenden Berichtssaison zum zweiten Quartal wieder in der Lage sein würden zu berichten, dass sie die gestiegenen Inputkosten zumindest in großen Teilen an die Kundschaft hätten weitergeben  können. Zur Erinnerung: Die aggregierten Gewinnwachstumsschätzungen der europäischen und US-Leitindices des laufenden Jahres seien trotz hoher Inflation innerhalb der letzten Monate deutlich nach oben revidiert worden.

Aufgrund der moderateren Bewertungen, der bereits beschriebenen "Kontra"-Indikatoren und der Preisfestsetzungsmacht der Unternehmen würden die Analysten der Raiffeisen Centrobank im zweiten Halbjahr von einer allmählichen Erholungsbewegung an den weltweiten Aktienmärkten ausgehen, wenngleich das Umfeld weiterhin äußerst komplex bleiben dürfte und viele potenzielle Belastungsfaktoren mit sich bringe. Das Risiko dieser sei - nach Ansicht der Analysten der Raiffeisen Centrobank - allerdings schon zu weiten Teilen in die Kurse eingepreist. (Ausgabe vom 14.07.2022) (15.07.2022/ac/a/m)





 
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